Die ersten Jahre der Vereinsgeschichte wurden anlässlich der 100-Jahr-Feier vom
Freisinger Heimatforscher Hans Gruber (verstorben im Jahr 2002) für den Verein erarbeitet:
Leider sind uns von der Gründung bis zum Jahre 1902 außer dem Mitgliederverzeichnis
keine Unterlagen vorhanden. Wir sind daher auf die Zeitungsberichte und die wenigen
Unterlagen im Stadtarchiv angewiesen, um die Aktivitäten des jungen Vereins zu erfahren.
Die offizielle Gründung wurde mit der Bekanntmachung am 10. April 1888 am Freisinger
Tagblatt mit diesem Inserat begonnen:
Bekanntmachung der Vereinsgründung im Freisinger Tagblatt
Das Mitgliederverzeichnis nennt nur sieben "Gründer" mit dem Eintritt am 14. April 1888:
Kraft Carl, Kunstanstaltsbesitzer
Hartl Joh. Bapt., Faktor
Heilmeier Jakob, Maler
Mannstorfer Franz, Maschinenmeister
Müller Friedrich, Vergolder
Pflügler Matthias, Gastwirt
Schweller Georg, Schneidermeister
Der in der "Bekanntmachung" angesprochene "definitive Beitritt", also die
Vereinsgründung, dürfte demnach am 14. April 1888 verwirklicht worden sein.
Mitgliedskarte Allotria 1898
Aus der Mitgliederliste ist bei den Berufen zu erkennen, dass die
Vereinsgründung von den Angehörigen der Kunstanstalt Carl Kraft ausging.
Der Besitzer selbst bekleidete bis 1892 das Amt des 1. Vorstandes, sein
Bruder August Kraft erscheint bis 1891 als Beisitzer. Beide leiteten
gemeinsam unter anderem ein "Atelier für kirchliche Kunstarbeiten".
Wie man zu dem Namen Allotria kam, ist leider nicht bekannt. "Allotria"
kommt aus dem Griechischen und heißt dort wörtlich "fremde Dinge", was
hierzulande mit "Unsinn" übersetzt wird.
Wenn wir die damaligen Zeitverhältnisse betrachten, kommen wir
diesem Namen eher auf den Grund. Der Deutsche Reichstag hatte im
Oktober 1878 das "Sozialistengesetz" erlassen, das alle sozialdemokratischen
und kommunistischen Vereine verbot. Um diese Einschränkung zu umgehen,
organisierten sich die Arbeiter damals in Kegel-, Turm-, Sport-, Wander-,
und Gesangsvereinen. Es liegt also nahe, die Gründung eines zweiten
Freisinger Gesangsverein mit den Auswirkungen des Sozialistengesetzes
in Zusammenhang zu bringen, zumal später immer wieder darauf hingewiesen
wurde, dass dem Verein vorwiegend Arbeiter und "kleine Leute" angehörten.
Dass es dem neuen Verein auch gar nicht darauf ankam, der "Liedertafel"
mit vierstimmigem Gesang Konkurrenz zu machen, sondern mit dem "einstimmigen
Volkslied" begnügte, ersehen aus der Wahl eines schlichten Taschenliederbuchs
und daraus, dass der Verein als Chormeister keinen Fachmann holte. Bis
zur Gründung des "Sängerhort" leiteten Laien die Singabende. Das erste
Probenlokal war im Colosseum.
Bericht über die Gründungsversammlung im Freisinger Tagblatt
Vom Erfolg der "Bekanntmachung" erfuhren die Freisinger durch eine
Zeitungsnotiz vom 25. April 1888.
Dass die Sänger schon sehr aktiv waren, erfahren wir aus zwei Zeitungsausschnitten.
Am 15. Juli 1888 empfing der Verein bereits Besuch aus München.
Die "Bojaren" kamen mit 16 Sängern nach Freising, um dort ihr neues
Horn (ein Trinkhorn?) einzuweihen, das den Namen Allotria erhielt. Am
Samstag und Sonntag unterhielten die Freisinger ihre Gäste "aufs Prächtigste"
und wir gehen wohl nicht fehl in der Annahme, dass es sich auch bei den
Bojaren um Arbeiter handelte. Am 12. August rief der Verein zu einem "Ausflug
mit Musik" nach Erding. Carl Kraft, der 1. Vorstand, bat um Pünktlichkeit,
"da die Abfahrtszeit genau eingehaltenwird ohne Berücksichtigung der
Verspäteten" - so streng waren damals die Bräuche im Verein! Einige
Tage später lesen wir in der Zeitung, dass etwa 70 Mitglieder und Gäste
"bei herrlichstem Wetter" um 10 Uhr in Freising aufbrachen. Vier schön
dekorierte Wägen brachten den Verein und eine Blasmusik zur Brotzeit
nach Schwaig und um 1 Uhr konnte man am Ziel, dem Erdinger Gasthof
"Zum Greißl", absteigen. Die Mitglieder der Erdinger "Liedertafel"
zeigten den Freisinger Gästen zunächst die Sehenswürdigkeiten der
Stadt und um 4 Uhr zogen Gäste und Einheimische, mit der Freisinger
Musik voran, durch die Stadt zum Greißlkeller. Vor vielen Zuhörern
boten nun die beiden Vereine im bunten Wechsel ein improvisiertes Programm
mit Liedern, Quartetten, komischen Couplets und "Musikpiecen" der Freisinger
Kapelle Stefan. Es wurde 10 Uhr abends, als die Freisinger an den Aufbruch
denken mussten.
Nachdem das Probenlokal in den Bodensteiner verlegt wurde, erscheint
in den Vereinsaktender Stadt Freising die "Allotria" zum ersten Mal am
22. Januar 1889. Die Sänger beantragten für das laufende Jahr die
Verlängerung der Polizeistunde an den Übungsabenden. Der Antrag wurde
genehmigt unter der Voraussetzung, dass das Übungslokal von den "allgemein
zugänglichen Wirtschaftsräumen" getrennt war. Bis 1891 durften die Sänger
bis 3 Uhr früh "üben", ab 1892 nur mehr bis 2 Uhr.
1890 legte der Verein der Stadt Freising ein Verzeichnis der
Ausschussmitglieder vor, aus dem wir die künstlerische Gestaltung des
Briefbogens sehen.
Zweimal trat die "Allotria" im Jahr 1890 an die Öffentlichkeit.
Im Blick auf ihre "maskierte Familienunterhaltung mit Gesang und Tanz"
im Februar meinten die Sänger in einem Inserat, "es dürfte jene nicht
reuen, welche einige Stunden dort zubringen" und im Juni lieh der
Freisinger Magistrat dem Verein für ein "kleines Sängerfest" jene
Prinzregentenbüste, die heute noch den großen Sitzungssaal des
Rathauses ziert.
Im Mai 1892 war die Satzung fertig und konnte der Stadt eingereicht werden.
In 30 Paragraphen ist das Vereinsleben geordnet. Neben den regelmäßigen
Übungsabenden ist im Sommer ein Ausflug, im Winter eine Faschingsunterhaltung vorgesehen.
1892 wählten die Mitglieder den Werkführer Sebastian Vielberth zum 1. Vorstand,
der dieses Amt bis 1899 ausführte. Chormeister blieb der Maler Gräf; 1
Schleifer, 1 Vergolder und 4 Maler verkörpern im elfköpfigen Ausschuss
noch immer die Arbeiterklasse und die Abstammung aus der Kunstanstalt Kraft.
Als der Verein gewohnheitsmäßig im Januar 1893 wieder um Polizeistundenverlängerung
bis 3 Uhr früh im Übungslokal beim Bodensteiner einreichte, verweigerte
der Magistrat die Genehmigung. Der Polizeirottmeister Ullschmid hatte
beim Magistrat "gehorsamst " gemeldet, das Übungslokal sei von der übrigen
Wirtschaft nur durch einen Bretterverschlag getrennt, durch dessen Tür
das Bier gebracht werde, weshalb sie in der Regel offenstehe. Noch
zweimal vermochte der Verein die Bedenken des Magistrats zu beschwichtigen
und der Bodensteinerwirt Hofmeier blieb "Tafelmeister" des Vereins. 1893
erntete der Verein noch viel Lob für sein "Faschingskränzchen mit
Gesangsproduktion" im Stieglbräusaal. Das "Tagblatt" bedauerte den schlechten
Besuch, denn der Verein steht ja keinem anderen an Leistungen nach,
obwohl dessen Mitglieder meistens nur Arbeiter sind.
Erst 1895 zog die "Allotria" in den Gesellschaftssaal des "Bayerischen
Hofes" um, und der dortige Wirt Franz Dettenhofer fungierte fortan als
"Tafelmeister".
Hatte wirklich das Sozialistengesetz den Anstoß zur Gründung der "Allotria"
gegeben, dann musste dessen Aufhebung im Jahre 1890 eine rückläufige
Bewegung im Verein auslösen.
Joh.Bapt. Dippert (Vorstand von 1900 - 1903 und 1910 - 1912)
1897 war der Verein nicht mehr in der Lage, der Stadt eine Vorstandsschaft
zu melden. Mit nur 8 Mitgliedern stand er vor der Auflösung. Der Retter
erschien, als am 6. August 1898 der Kaufmann Johann Baptist Dippert
in den Verein eintrat. Im Jahre 1900 wurde er zum 1. Vorstand gewählt
und machte sich energisch daran, aus den Restbeständen der "Allotria"
einen echten Gesangsverein aufzubauen. Keine "fremden Dinge" mehr
sollten vom eigentlichen Vereinszweck ablenken, der unpassende Name
"Allotria" kam in Verruf und musste durch eine sangesgerechte
Bezeichnung ersetzt werden. Unermüdlich warb Dippert neue Mitglieder
und Sänger. Musikbegabte unter ihnen gründeten sogar eine kleine Kapelle.
Auch die Chormeisterfrage konnte endlich befriedigend gelöst werden.
Bemerkenswert ist, dass vom 1, Januar 1902 an alle Protokolle
lückenlos vorliegen und ganz allgemein der vereinsinterne Betrieb
in geordnete Bahnen kam.
Am Neujahrstag 1902 veranstaltete der Verein im Gesellschaftssaal des
"Bayerischen Hofes" seine Weihnachtsfeier. Zu den 8 Mitgliedern, die von
der "Allotria" übriggeblieben waren, hatten sich seit 1898 17 neue gesellt,
so dass der Verein nunmehr mit 25 Mitgliedern wieder handlungsfähig war.
Ein Mädchen gab bei der Weihnachtsfeier in Gedichtform eine neue
Parole aus. Sie lautete:
"Wo froh ertönt des Liedes Wort,
da ist des Sängers trauter Hort."
"Sängerhort" sollte fortan der Verein heißen.
Mitgliedskarte Sängerhort 1902
Das Übungs- und Vereinslokal blieb der "Bayerische Hof".
Der Monatsbeitrag betrug 40 Pfennige.
Der erste Chorleiter, Lehrer Josef Kaiser, erwies sich als ein Glückstreffer
für den jungen Verein. Nicht nur, dass er den Prolog mit dem neuen
Sängerspruch gedichtet und dem Verein damit zu einem passsenden Namen
verholfen hatte, er entwarf zusammen mit dem Mitglied Pröls eine neue
Vereinssatzung, die dem Registergericht eingereicht werden konnte.
Am 15. Februar 19002 ernannte der Verein den Malermeister Josef Rackl,
der sich seit Gründung der Allotria als Kassier verdient gemacht hatte,
zu seinem ersten Ehrenmitglied.
So entnehmen wir aus dem Protokoll vom 16. März 1902, dass die
Gemahlin dem Verein eine Standarte als Geschenk übergab.
Mathias Deller (Vorstand von 1905 - 1910)
Im gleichen Jahr stellte der Sekretariatsgehilfe Johann Röbl
innerhalb des Vereins eine Musikkapelle von acht Mann zusammen und
das Mitglied Deller stiftete die noch fehlenden Instrumente.
1904 gründete man eine Theatergruppe, die bei der Weihnachtsfeier
das Lustspiel "Weihnachten im Gesangverein" aufführte.
Wie aus den Protokollen hervorgeht, wurde die Musikkapelle später
durch Militärmusiker verstärkt, während der Chorleiter von der
Theatergruppe auf der Jahresversammlung 1908 eindringlich davor warnte,
dass sich der Verein nicht zu einem "dramatischen Klub" verwandle und
das Singen vernachlässige.
Im Jahr 1907 zwangen "unliebsame Vorkommnisse" den Sängerhort nach
12 Jahren guter Beherbergung vom "Bayerischen Hof" zum "Gößweinbräu"
umzuziehen.
Hatten sich im 19. Jahrhundert die Gesangvereine noch mit dem vierstimmigen
Männerchor begnügt, so wurden immer mehr Lieder für gemischte Chöre angeboten.
Noch war es nicht so weit, dass auch Frauen Mitglieder im Sängerhort werden
konnten. Aber vor öffentlichen Auftritten wurden sangesbegabte junge Damen
zum Mitwirken gesucht. Beim Frühjahrskonzert, am 9. März 1907, erklang
zum ersten Mal ein gemischter Chor, das "Tagblatt" lobte in seiner Besprechung,
dass die "Stimmen der verehrten Damen sich durch hinreißende Frische
auszeichneten" und der Chorleiter Wind stellte zufrieden fest, dass - im
Gegensatz zum Männerchor - die Proben des gemischten Chores "stets
vollzählig besucht" werden. Nachdem der Verein "Sängerhort" sein
Gründungsjahr mit dem der "Allotria" gleichgesetzt hatte, fielen in
die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg die Jubiläen des "0- und des 25-jährigen
Bestehens. Auch einige andere Großereignisse gesellten sich dazu und so
hatte sich der Sängerhort immer wieder besonders hohen Anforderungen zu
stellen.
Als am 20. August 1905 in München der Vorsitzende des "Münchner
Sängerklub", Josef Graf, zum Ehrenmitglied des Sängerhorts ernannt
wurde, war zum ersten Mal die Rede davon, dass der Sängerhort zur
Feier seines 20jährigen Bestehens auch eine Fahne erhalten sollte.
Als Grundstock für eine neue "Fahnenkassa" stiftete das neue Ehrenmitglied
spontan einen Betrag von 20 Mark. Weil sich dieser Fond aber nur langsam füllte,
beschloss die Vorstandschaft 1907, zwecks Fahnenbeschaffung den Mitgliedern 100
Anteilscheine zu je 5 Mark anzubieten. Zehn Jahre lang sollten alljährlich 10
Scheine zwecks Rückkauf aus der Vereinskasse ausgelost werden. Die Rückzahlung
gestaltete sich angesichts der ständigen Ebbe in der Vereinskasse äußerst schwierig.
Dem Verein zuliebe verzichteten viele Mitglieder auf die Rückzahlung, wenn das
Los auf ihren Anteilschein traf. In der Mitgliederversammlung 1913 wurde bekannt,
dass noch 48 Scheine auszulosen waren, von denen jedoch 15 bereits als
"geschenkt" galten.
Am 14. April 1908 bereitete eine Mitgliederversammlung unter Führung des
1. Vorstandes Deller das Fest des 20jährigen Bestehens, verbunden mit
der Fahnenweihe, vor. Ausschüsse wurden gebildet, 450 Mark für die
Anfertigung der Fahne und 1200 Mark für die Durchführung der Veranstaltungen
genehmigt. Der 13. und 14. Juni 1908 waren als Jubeltage ausersehen und
der Freisinger Magistrat verlegte dem Verein zuliebe sogar die Veitsdult.
Der Freisinger Realschullehrer Anton Berger entwarf die neue Fahne,
in der Münchner Kunststickerei Auer wurde sie angefertigt. Das Fahnenband
der Frauen und Jungfrauen stickten die Servitinnen in München. Das
Festwochenende bescherte den Sängern herrliches Wetter. Die ganze Stadt
prangte im Fahnenschmuck. Am Samstagabend eröffnete ein Festkonzert
in der Halle der Aktienbrauerei den Reigen der Festlichkeiten. Den
instrumentalen Teil übernahm die Kapelle des Freisinger 1. Jägerbataillons.
Gesangliche Darbietungen kamen vom Jubelverein, dem Paten Sängerverein
Landshut, der Freisinger Liedertafel und dem Münchner Sängerklub. Der
1. Vorsitzende des Sängerhorts, Lederhändler Matthias Deller, hielt die
Festansprache und Magistratsrat Dr. Fellerer überbrachte die Grüße und
Glückwünsche der Stadt Freising. Am Sonntag herrschte vom frühen Morgen
an lebhaftes Treiben beim Empfang der 16 auswärtigen Gesangvereine, die
aus Ober- und Niederbayern und der Oberpfalz kamen. In festlichem Zug
begaben sich die Vereine vom Hofbrauhauskeller zur Stadtpfarrkirche St. Georg,
wo die Festmesse mit Musik und Gesang feierlich gestaltet wurde. Als Höhepunkt
der Festlichkeiten bewegte sich nachmittags ein langer Festzug durch die
reichbeflaggten Straßen von Neustift bis zum Lindenkeller, wo der Tag mit
Musikdarbietungen der Jägerkapelle und Chor- und Sololiedern der Vereine
freundlich ausklang.
Auf Einladung des "Bayerischen Sängerbundes" beteiligte sich der
Sängerhort 1910 in München an einer öffentlichen Serenade anlässlich
der 100-Jahr-Feier des Münchner Oktoberfestes und halbes Jahr später,
im März 1911, an einem großen Vereinssingen auf dem Münchner Max-Joseph-Platz,
zu Ehren des 90. Geburtstags des Prinzregenten.
Die 1908 arg strapazierte Vereinskasse ließ sich jahrelang nicht
wieder ins Gleichgewicht bringen, obwohl Deller und Dippert als Vorsitzende
mit privaten Darlehen aushalfen. Vielleicht warf deshalb 1912 Dippert
das Handtuch und ein neuer Mann trat auf die Bühne, der Maschinenmeister
Heinrich Pagany. Schon von 1906 bis 1907 hatte er dem Verein angehört und
war am 23. Mai 1911 erneut eingetreten. Am 24. September 1912 nahm er das
Ruder in die Hand und bestimmte jahrzehntelang den Kurs des Vereins.
1913 vergab der Isar-Ilm-Sängerkreis sein Gaufest nach Freising. Die
Organisation und Ausrichtung übernahmen die Liedertafel und der Sängerhort.
Wegen der intensiven Vorbereitungen für das Sängerfest hatte der Sängerhort
beschlossen, zum 25-jährigen Vereinsjubiläum kein großes Fest zu veranstalten.
Am 15. November 1913 nahm an der Veranstaltung im "Grünen Baum" (Landshuter Hof)
auch eine starke Abordnung der Liedertafel teil. Das Sängerhortmitglied
Leonhard Miltz, ein Bildhauer, stiftete dem Verein einen selbstgefertigten
Prachtrahmen aus Eichenholz, in dessen Bildtafel alle Vereinsmitglieder
im Photo festgehalten waren. Leider ist das Erinnerungsstück nicht mehr
auffindbar. Besonders geehrt fühlte sich der Jubiläumsverein jedoch durch
die Lobesworte, die ihm vom Hofrat Bierner, Vorsitzender der LiedertafelFreising
spendete, der sich vor allem darüber freute, dass beide Vereine nun so
"innig miteinander verbunden" waren.
Teilnahmekarte vom Sängerbundfest 1912
Die gesanglichen Darbietungen wurden bei den eigenen öffentlichen
Veranstaltungen, wie Frühjahrs- und Herbstkonzerten, vorgetragen.
Der Sängerhort wurde aber auch zur Mitwirkung von Feierlichkeiten
anderer Vereine eingeladen. So lesen wir 1902, dass der Sängerhort
beim Gartenfest des Stenografenverein mitgewirkt hat, oder 1912 beim
Liberale Verein Freising, bei einer Uhland-Feier unter anderem gemeinsam
mit der Liedertafel aufgetreten ist.
Die internen Veranstaltungen waren Faschings-, Familien- und Weihnachtsfeiern.
Nicht nur dem Männergesang huldigte der Sängerhort. Erstaunt registrieren
wir, wie vielseitig sich der Verein bei Veranstaltungen der Öffentlichkeit
präsentierte. Berichtete das Freisinger Tagblatt und wies auf
Theateraufführungen und die Gestaltung von Konzerten mit der Musikkapelle hin.
Die Entwicklung der Mitgliederzahl ist aus den Protokollen ersichtlich.
Die 25 Mitglieder der Sängerhort-Gründung vermehrten sich bis 1904 auf 44
und 1910 waren 54 registriert, davon noch drei Gründungsmitglieder von 1888.
Nach einem leichten Rückgang kletterte der Mitgliederstand auf einen Höchststand
von 59 im Jahr 1913; davon waren stets 20 - 30 als Sänger aktiv.
Zwölf Jahre des Aufbaus und der steten gesellschaftlichen und künstlerischen
Entwicklung waren dem Sängerhort vergönnt, bis der Ausbruch des Ersten Weltkrieges
eine jähe Zäsur brachte. Viele Sänger mussten einrücken, ein geordneter
Vereinsdienst war nicht mehr möglich.
Weil es der Liedertafel ebenso erging, führten die in der Heimat verbliebenen
aktiven Mitglieder beider Verein die eben erfolgreich begonnene Zusammenarbeit
weiter. Sie übten gemeinsam und wirkten auch gemeinsam an den vorwiegend
sozialen und humanitären Zwecken dienenden Veranstaltungen während des Krieges mit.
Der 2. Vorstand Zilker hielt das Häuflein der älteren Mitglieder zusammen.
Er war es auch, der am 17. Februar 1919 vierzehn Sänger um sich scharen konnte.
Nach und nach fanden sich auch die aus dem Feld und aus der Gefangenschaft
zurückgekehrten Sänger wieder ein. Auch sangesfreudige Damen folgten den
Einladungen und bei der Probe am 20. Mai 1919 zählte man neben den 32 Sängern
auch 21 Damen und das hieß: auch der gemischte Chor war wieder auferstanden.
Bei der Mitgliederversammlung am 23. September 1919 gab es eine lebhafte Aussprache
über die Frage, ob man die Damen des gemischten Chores nicht durch die Mitgliedschaft
enger an den Verein binden solle. Die Mehrheit war dagegen und so heißt es im
Protokoll diplomatisch:
"Die Damen bekunden eine große Liebe zum Verein, doch will man sie nicht binden"
An diesem Tag zählte der Sängerhort bereits wieder 59 Mitglieder, wovon
14 als passiv galten und 4 Ehrenmitglieder.
Neugestärkt konnte der Verein seine Kulturarbeit wieder aufnehmen.
Bezeichnend für die Zeit, in der der Sängerhort zugunsten der "Kriegsgefangenenhilfe"
am Allerheiligentag 1919 mit einem Konzert zum ersten Mal wieder an die Öffentlichkeit
trat, ist die Anmerkung unten auf dem Programmzettel:
"Der Colosseumsaal kann durch Aufbringung von Heizmaterial durch Mitglieder
und Gönner temperiert werden".
Immerhin war das Haus ausverkauft und für den guten Zweck konnten 500 RM abgeführt werden.
Im probenfreien Sommer vergnügten sich die Sänger mit Kegelscheiben und
"trotz des Dünnbiers war die Stimmung immer vortrefflich", meldet das Protokoll.
Im Herbst 1920 fasste Chorleiter Gehring den verwegenen Plan, für den Tag vor
Allerheiligendas Requiem von Mozart einzustudieren. Der Ertrag sollte zu gleichen
Teilen für die Errichtung eines Gefallenen-Ehrenmals und für die Wiederbeschaffung
von Glocken für das im Krieg abgelieferte Geläut von St. Georg verwendet werden.
21 Studierende der Freisinger Lehrerbildungsanstalt verstärkten das Orchester
Freisinger Berufsmusiker, die Bläser des Landshuter Jägerbataillons und Solisten
aus München - es wirkten insgesamt fast 150 Personen mit - dienten dem guten
Zweck. Fielen die Kritiken auch unterschiedlich aus, den beiden Nutznießern
konnten immerhin je 800 RM Reingewinn zugewendet werden.
Mitglieder des Sängerhorts 1921
Dass der Sängerhort nicht nur in Freising mit Gesang auftrat, erfährt
man aus den Protokollen. So beim Gausängerfest am 25./26. Juni 1921, als
man mit Holledauerbockerl nach Mainburg fuhr. Im gleichen Jahr die Patenstelle
bei der Fahnenweihe des Sängerhortes München-Haidhausen annahm, sowie im
nächsten Jahr die gleiche Ehre beim Männergesangverein Allershausen zuteil wurde.
Zum geselligen Teil vermerken die Protokolle Ausflüge ins "Umland" unter
anderem nach Haimhausen, Schleißheim, Landshut, Moosburg und Haag/Amper.
So lesen wir im Protokoll vom 20, Januar 1922, dass im Mai ein Ausflug nach
Kirchdorf mit kleinem Tanzvergnügen zum dortigen Gesangverein stattfinden soll.
Liest man dieses Protokoll zu Ende, erfährt man den Grund des Ausfluges.
Die Kirchdorfer sollen das Klavier für 8000 Mark kaufen.
Zunächst aber bereitete die wachsende Geldentwertung, die "Inflation"
dem Verein Schwierigkeiten. Betrug der Jahresbeitrag ab 1. Januar 1923
bereits 100 RM, so kam es bis September so weit, dass der Sängerhort nun
dem allgemein geübten Brauch huldigen musste, statt der Beitragssumme,
die sich schwindelerregend nach oben bewegte, eine Realiengrundlage
festzusetzen: der Beitrag zum Sängerhort entsprach dem Gegenwert von
1/4 Liter Schankbier!
Neuerdings bildeten sich auch engere Beziehungen zum dritten Freisinger
Gesangverein, der Einigkeit Neustift heraus. man besuchte gegenseitig die
Veranstaltungen und sprach sich beim gemeinsamen Auftreten bei anderen Vereinen ab.
Nur noch 16 aktive Sänger sah Lehrer Metzger vor sich, als er am 3.
März 1925 das Chormeisteramt übernahm, "bis eine geeignete Person als
Nachfolger ausfindig gemacht ist", berichtet das Protokoll. Wieder einmal
galt es also, von vorn anzufangen. Aber unter der unermüdlichen und
unerschütterlichen Leitung durch den 1. Vorsitzenden Pagany und dem sängerischen
Neuaufbau unter Chormeister Metzger, der sich vom "Notnagel" zum "Glücksgriff"
entwickelt hatte, durfte der Sängerhort wieder hoffen. Wirklich erfüllt uns
beim Lesen der damaligen Protokolle oft ein wenig Neid, wenn man liest, wie
beschwingt und humorvoll viele Zusammenkünfte des Sängerhorts verliefen,
wie auch unter schwierigen Lebensverhältnissen nie der Sinn für Zusammenhalt
und Harmonie der Sängerfamilie verloren ging.
Für diesen neuen Geist waren zwei Männer verantwortlich, die lange Zeit die
Schicksale des Sängerhorts bestimmten: der 1. Vorsitzende Pagany und der
Chormeister Metzger, von dem das Protokoll nach dem Frühlingskonzert 1930
lapidar feststellt:
"Wir sind stolz auf unseren Dirigenten!"
Der gemischte Chor erstand wieder, das Vereinsorchester errang neue
Lorbeeren und sogar der Thespiskarren wurde wieder eifrig auf die Bühne
geschoben. Dass aus freiwilligen Beiträgen und Spenden endlich ein
vereinseigenes Klavier gekauft werden konnte, unterstreicht den neuen
Geist, der nun den Verein beseelte.
Auch die 1931 mit Macht einsetzende Weltwirtschaftskrise vermochte das
Vereinsleben kaum zu beeinträchtigen. Den arbeitslosen Mitgliedern wurde
brüderlich Hilfe zuteil, ihr Vereinsbeitrag ermäßigt oder erlassen und bei
Proben und Veranstaltungen erhielten sie aus der Vergnügungskasse Bierzeichen,
um nicht hinter den noch verdienenden zurückstehen zu müssen.
Der Sängerhort Freising am 13. Mai 1930 (mit Pagany und Metzger)
Als Werbung für das Singen im Verein gedacht war der "Deutsche Liedertag",
der ab 1930 alljährlich von allen Gesangvereinen der Stadt gemeinsam und
öffentlich begangen wurde. Als am 29. Juni 1930 die Liedertafel, der Sängerhort
und die Einigkeit auf dem Marienplatz sich hören ließen, brachte der Sängerhort
aus gutem Grund das Lied "Ein rheinisch Mädel" zu Gehör; in diesen Tagen
hatten die letzten alliierten Besatzungstruppen das Rheinland verlassen.
Ein Jahr später versuchten die drei Vereine, beim "Deutschen Liedertag"
einige Lieder gemeinsam zu singen. Aber das klappte nicht und man beschloss,
künftig davon abzusehen - ohne zu wissen, dass bald die Zeit kommen würde, wo
solche Gemeinsamkeiten den Vereinen von außen aufgezwungen werden sollten.
Das Jahr 1931 setzte mit dem überaus gut aufgenommenen "Oberbayerischen
Heimatabend" im Herbst und der erstmaligen Aufführung der "Heiligen Nacht"
von Ludwig Thoma neue Höhepunkte.
Ein Freudenfest feierte der Verein jedoch im September 1932, um seinen
1. Vorsitzenden zu ehren, der nun seit 29 Jahren an der Spitze des Vereins
stand - ein Hort der Gemeinschaft, ein Fels an Beständigkeit.
Längst hatte auch die moderne Technik ihren Platz im Vereinsgeschehen erobert.
Mitglied Werkmeister erfreute oft mit Kurzfilmen und Dias aus dem Vereinsleben
und Chorleiter Metzger stellte die Schallplatte in den Dienst der Sängerausbildung
und Gehörschulung.
Zum ersten Mal griffen die neuen Machthaber in das Vereinsleben ein,
als der "Kampfbund für deutsche Kultur" am 1. August 1933 die Vorstände
der drei Freisinger Gesangvereine ins Gasthaus "Zum Hirschen" (Bekleidungshaus
Paßberger) rief und ihnen begreiflich zu machen versuchte, die Zeit der
"alten Vereinsmeierei" sei vorbei, "Klassenunterschiede und Standesdünkel"
hätten zu verschwinden. Die drei Vereine sollten sich deshalb freiwillig
zu einem Chor zusammenschließen.
Hofrat Bierner - Liedertafel, Pagany - Sängerhort und Zierer - Einigkeit
machten Schwierigkeiten rechtlicher und materieller Art geltend.
Man einigte sich schließlich darauf, bei größeren öffentlichen Veranstaltungen
gemeinsam als "Volkschor" aufzutreten. Damit schien zunächst die Gefahr
einer "Gleichschaltung" gebannt.
Heinrich Pagany (Vorstand von 1912 - 1933 und 1938 - 1963)
Da Pagany der NSDAP nicht angehörte, wurde er gezwungen, nach 21 Jahren
verdienstvoller Tätigkeit zurückzutreten. Zum "Vereinsführer" wurde 1933
einstimmig das Parteimitglied Bartholomäus Kirmair gewählt. Er war Sekretär
beim Bezirksamt und gehörte schon seit 1928 aktiv dem Verein an.
Kirmairs erste Amtshandlung war, dem scheidenden Vorsitzenden Pagany zu
danken und seine Ernennung zum "Ehrenvorsitzenden" vorzuschlagen. Einstimmig
und mit großer Begeisterung folgten die Mitglieder diesem Wunsch.
Kirmair erwies sich als würdiger Nachfolger des unvergleichlichen Pagany.
In kürzester Zeit errang er sich innerhalb des Vereins Achtung und
Freundschaft und vermochte sich auch "nach oben" Gehör zu verschaffen.
Bei der Weihnachtsfeier 1934 gab es eine "Premiere": zum erstem Mal
fand sich unter den zu ehrenden Mitgliedern eine Frau! Berta Faltermeier
erhielt für 25jährige Treue zum Verein den Sängerring in Silber.
Zum ersten Mal wirkte der Sängerhort am 27. Mai 1935 bei einem Konzert
unter der Stabführung des Freisingers Hans Haas mit. Aus Anlass des 250.
Geburtstags von G.F. Händel taten sich die drei Freisinger Vereine zusammen,
unterstützt von Münchner Solisten und der verstärkten Kapelle des Freisinger
Bataillons um das Oratorium "Messias" einem großen, ergriffenen Publikum
zu Gehör zu bringen.
Auch die neugeschaffene Theatergruppe hatten bei einem Bunten Abend im
Dezember Gelegenheit bei einer Schwankoperette ihr schauspielerisches
Können zu beweisen.
Zweifellos befand sich in diesen Jahren der Sängerhort auf einem Höhepunkt
seiner Leistungsfähigkeit. 1934 zählte der Sängerhort 73 Mitglieder, darunter
51 aktive Sänger. Sein Übungslokal hatte er inzwischen vom Laubenbräu zum
Jägerwirt verlegt. Zwar wollte Vereinsführer Kirmair bei der Mitgliederversammlung
sein Amt niederlegen, weil er beruflich auswärts beschäftigt war. Sein Vorgänger
Pagany konnte ihn jedoch umstimmen. Chormeister blieb auch der 1925 "einstweilen"
in diesem Amt eingerückte Hauptlehrer Metzger, der den Sängerhort inzwischen zu
ungeahnten Erfolgen geführt hatte. Im Mai 1937 erfuhr seine Arbeit die Krönung.
Die Gemeinschaft "Kraft durch Freude" hatte einen "kulturellen Leistungswettbewerb"
auch für Gesangvereine ausgeschrieben. Für den Kreis Freising nahmen daran teil
die drei Freisinger Vereine Liedertafel, Sängerhort und Einigkeit, aus Moosburg
waren die dortige Liedertafel und der Gesangverein gemeldet. Metzger hatte mit
seinen Sängern für den Wettbewerb die beiden Chorlieder "Es blies ein Jäger
wohl in sein Horn" und "Kapitän und Leutenant" einstudiert. Bei der Vorausscheidung
am 8. Mai schnitt der Sängerhort als bester Gesangverein des Kreises Freising ab.
Am 22. Mai kam es dann im Freisinger Colosseumsaal zur Endausscheidung gegen
die besten Chöre der Kreise Erding und Ebersberg.
Stolz berichtet der Chronist: ein alter, erfahrener Sänger eines unterlegenen
Chores habe ihm nach der Veranstaltung versichert:
"Der Aufstieg des Sängerhortes ist nicht mehr aufzuhalten"
Mit wie viel Stolz und Erwartung durfte nun der Verein seinem 50. Stiftungsfest
im Jahr 1938 entgegensehen!
Es kam nicht mehr dazu. Es gab Kräfte, die den Aufstieg des Sängerhorts
in einen Absturz verwandelten.
Am 16, Dezember 1938 stand im "Freisinger Tagblatt":
"Nachdem vor einiger Zeit in den Hauptversammlungen der bisher in
Freising bestehenden Gesangvereine Liedertafel, Sängerhort und Einigkeit
der Beschluss gefallen war, zur verstärkten Pflege des Gesangs und der
Orchestermusik und zur Schaffung einer großen Sängergemeinschaft innerhalb
unserer Stadt die alten Vereine aufzulösen und zu einer Sängerschaft
Freising zusammenzuschließen, fanden sich gestern abend rund 100 Sänger
im Saal des Jägerwirts ein, um in der Gründungsversammlung dieser neuen
vergrößerten Vereinigung die Grundlagen für die künftige Arbeit zu schaffen...
Um die Kräfte zu vereinen und die Leistungsfähigkeit zu steigern, sei auf
eine Anregung der Gauleitung und der Kreisleitung Freising der NSDAP der
Zusammenschluß zustande gekommen... Entsprechend den Beschlüssen der drei
Hauptversammlungen erhalte die neue Vereinigung den Namen 'Sängerschaft
Freising'. Der Vereinsführer hieß H. Pagany."
Protokolle von den Jahren 1939 bis 1945 sind nicht vorhanden.
Nach dem verlorenen Krieg schlugen zunächst einige Anläufe,
den Sängerhort wieder ins Leben zu rufen, fehl. Erst als der 1933
dem Verein beigetretene Schreinermeister Georg Schranner mit Energie
den Neubeginn betrieb, kamen am 25. November 1949 19 ehemalige Mitglieder
zusammen und beschlossen, alle noch und wieder greifbaren Sänger zu einer
Versammlung am 2. Dezember 1949 in das frühere Probenlokal Laubenbräu
einzuladen, um die alte Tradition des Männergesangvereins wieder aufleben
zu lassen. Weitere 25 "Ehemalige" erhielten dazu schriftliche Einladungen.
Am 2, Dezember erschienen 24 ehemalige Mitglieder, die alle bereit waren,
den Sängerhort wieder auf die Beine zu stellen. Es ist nicht verwunderlich,
dass der ehemalige unverwüstliche Heinrich Pagany, seit 1912 fast ununterbrochen
1. Vorsitzender des Sängerhort, für dieses Amt wieder vorgeschlagen wurde.
Aber erst nach langem Zureden konnte er dazu gebracht werden, das Amt zu
übernehmen. Der 67jährige erhielt in dem 30 Jahre jüngeren Georg Schranner
einen Stellvertreter, den er allmählich als Nachfolger "aufbauen" konnte.
15 Jahre lang arbeitete dieses Gespann erfolgreich zusammen.
Bedauerlich war nur, dass der ebenfalls anwesende letzte Chormeister,
Schulrat Karl Metzger, die Chormeisterstelle nicht übernahm.
Bei 1,- DM Monatsbeitrag wollte man weiterhin im alten Lokal, dem Laubenbräu üben.
Schon beim ersten Probenabend. eine Woche später, waren 26 Sänger zur
Stelle und zu ihrer freudigen Überraschung auch ein neuer Chormeister in
Gestalt des 24jährigen Kapellmeisters Lutz Kammerlohr, Sohn eines alten Mitglieds.
Und in der Vereinskasse befand sich bereits ein 20,-DM Schein, die Leihgebühr
für das vereinseigene Klavier.
Eine Brücke von der Vergangenheit zur Zukunft stellte ein "Ehrenabend" am
26. Januar 1950 her. Schulrat Metzger, von 1925 bis 1938 verdienstvoller
Chormeister des Sängerhort, wurde zum Ehren-Chormeister ernannt.
Der Sängerhort Freising im August 1951
In der alljährlich am Jahresanfang an den Deutschen Sängerbund fälligen
"Bestandserhebung von 1951 meldete der Sängerhort: 34 aktive, 16 passive Mitglieder -
und 10 Studenten oder Lehrlinge, die ohne Mitgliedschaft und Beitrag mitsingen.
Der Sängerhort hatte wieder Tritt gefasst.
Als sich der Sängerhort seit 1902 vom Geselligkeitsverein zu einer Sängerschar
gewandelt hatte, bezog er auch immer wieder Sängerinnen in seine Konzertprogramme
mit ein, sei es als Damenchor oder im gemischten Chor. Zu allen Zeiten hatte
man im Sängerhort die Mitwirkung der Damen nicht nur als musikalische Bereicherung
empfunden, sondern auch als gesellige Anregung. Diese beständige Verbindung der
Damen zum Verein führte dazu, dass beschlossen wurde, die Sängerinnen bei halbem
Beitragssatz in den Verein aufzunehmen.
Fasching - Frühjahrssingen - Vereinsausflug - Wandertage - Herbstsingen - Weihnachtsfeier:
viele Jahrzehnte lang hielt sich auch der Sängerhort an diesen Veranstaltungsrahmen,
wenn es die Verhältnisse zuließen.
Für die nicht konzertanten Ereignisse war ursprünglich der "Tafelmeister"
zuständig. Ab 1953 kümmerte sich darum ein "Vergnügungsausschuss". In diesem
Zusammenhang muss auch der Name "Max Mayer" fallen. Schon sein Vater, Otto Mayer,
war wegen seines humorvollen und geselligen Wesens überall beliebt und geschätzt.
Vier Wochen nach seinem Tod am 4. März 1950, trat Sohn Max dem Verein bei und
in die des Vaters Fußstapfen. Bis zu seinem allzu frühen Hinscheiden, am 28.
März 1971, gab es im Sängerhort "keine Feier ohne Mayer", der mit Phantasie
und Organisationstalent die geselligen Veranstaltungen zu ungeahnten Erfolgen
führte. Nach und nach gehörten dazu auch die Vereinsjubiläen.
Lutz Kammerlohr, der seit 1949 den Chor neu aufgebaut hatte, trat 1953
zurück und für ihn kam Rektor Franz Berger. Er war bisher als 2. Chormeister
bei der Liedertafel tätig gewesen und es bedurfte umfangreichster Absprachen
mit dem 1. Chormeister dieses Vereins, Staatskapellmeister Hanns Haas, um ihn
für den Sängerhort zu gewinnen. Dabei spielte eine große Rolle, dass das 65jährige
Stiftungsfest unmittelbar bevorstand und sogar die Einladungen schon versandt
waren. Berger meisterte die Aufgabe mit Bravour und er blieb 12 Jahre lang ein
hervorragender Chorleiter, der gründlich schulte und zielbewusst den Sängerhort
nach zeitgemäßen Auffassungen schulte.
Die "Bestandserhebung" für 1956 erfolgte zum ersten Mal für einen
"Gemischten Chor" mit 40 aktiven Sängern und 30 Sängerinnen. Der Neuzugang
schlug sich auch in der Mitgliederzahl nieder. Sie stieg von 71 im Jahr
1955 auf 114 im Jahr 1958 - eine nie wieder erreichte Stärke des Vereins.
Die Freisinger Liedertafel hatte 1956 bei einem Besuch in Innsbruck die
Sängervereinigung Wolkensteiner Innsbruck kennengelernt. Nach Rücksprache
mit den Gesangvereinen Einigkeit und Sängerhort sollte ein gemeinsames
Konzert abgehalten werden. Am 24. März 1957 kamen sie - 16 Männer unter
ihrem Dirigenten Pro. Artur Kanetschneider - und eroberten die Herzen der
Freisinger im Sturm.
Gerade um diese Zeit bemühte sich Franz Berger, den Sängerhort mit den
modernen Formen des Chorgesangs bekannt zu machen. Im November 1957 fand ein
Konzert mit "Chormusik zeitgenössischer Komponisten" statt und zwei Jahre
später sollte ein Madrigalkonzert "O Musica" der Öffentlichkeit die Breite
des künstlerischen Spektrums des Sängerhort aufzeigen.
Nun kam als neue Komponente der Mundart - Chorgesang dazu, den die Wolkensteiner
in Vollendung beherrschten. Zwischen 1958 und 1977 herrschte lebhafter Besuchsverkehr
zwischen dem Sängerhort und den Wolkensteinern, bis Prof. Kanetschneider in
seinem Heimatort Kramsach, am 12. März 1977, starb. Dem Verein bleibt er in
Erinnerung durch den vierstimmigen Satz der Bauernmesse von Anette Thoma, den
er eigens für den Sängerhort anfertigte.
Jubiläumsfest 75 Jahre Sängerhort Freising 1963
Als der Sängerhort 75 Jahre wurde, gedachte er dieses Jubiläum im Rahmen einer
gemeinsamen Feier mit dem vertrauten Nachbarn Einigkeit Neustift und dem Isar-Ilm-Sängerkreis,
die beide das 50jährige Bestehen feierten. Im Colosseumsaal war die festliche Veranstaltung
der Jubelvereine.
82 Jahre alt war Heinrich Pagany, als er bei der Generalversammlung am
30. September 1964 seinen Rücktritt erklärte. Zu diesem Zeitpunkt gehörte er dem
Sängerhort 54 Jahre als Mitglied an, 47
Jahre lang hatte er als 1. Vorsitzender die Geschicke des Vereins bestimmt.
Am 17. März 1969 schloss Heinrich Pagany im Alter von 87 Jahren für immer
die Augen. "Vater des Sängerhorts" nannte ihn der Vorstand Schranner zu Recht
in seiner Traueransprache.
Weil Pagany sein Haus gut bestellt hatte, bereitete es keine Schwierigkeiten,
Georg Schranner als seinen Nachfolger einzuführen. Ferdinand Polsterer wurde
dessen Stellvertreter.
Die intensive Beschäftigung mit der alpenländischen Volksmusik führte dazu,
dass der Sängerhort erstmals mit einem Dreigesang bei der Weihnachtsfeier 1964
Mundartlieder zu Gehör brachte. In wechselnder Besetzung wirkte der Dreigesang
auch bei späteren Veranstaltungen mit, bis sich bei der Kirchweihfeier am 20.
Oktober 1969 als bleibende Form ein Männerviergesang herausschälte, dessen
Mitglieder Ferdl Polsterer und Horst Schürzinger vom Sängerhort kamen, während
Hans Gruber schon beim Dreigesang gastweise mitgewirkt hatte und Stefan Wennesz
neu dazu gestoßen war. 1973 schied F. Polsterer aus und an dessen Stelle kam
Walter Mair dazu, auch ein Mitglied vom Sängerhort.
Durch die beruflichen Belastungen entschloss sich Chorleiter Berger am
1. Januar 1965 sein amt dem von ihm bestimmten Nachfolger Ingomar Brandl zu
übergeben. Der Sängerhort dankte Berger mit der Ernennung zum Ehren-Chormeister.
Dem neuen Chormeister war kein langes Bleiben beschieden. Schon im November
1965 führte der 20jährige Student Willibald Hobmaier den Dirigentenstab,
unterstützt und vertreten von seinem Kollegen Friedrich Tannigel.
1967 drehte sich das Vorstandskarusell wieder. Schranner kandidierte aus
beruflichen Gründen nicht mehr, die Mitglieder wählten Horst Schürzinger
zum ersten und Ferdl Polsterer zum zweiten Vorsitzenden.
In ihre Amtszeit diel ein für den Sängerhort wichtiges Ereignis. Es gab in
Freising seit 1948 einen "Schlesischen Chorkreis", der sich um die Erhaltung
des schlesischen Brauchtums und Liedgutes zur Aufgabe gemacht hatte.
All die Jahre hindurch hatte er im Landkreis und darüber hinaus an vielen
Veranstaltungen mitgewirkt und sich gleichwertig den alten Freisinger
Gesangvereinen zur Seite gestellt. Als der Chor auf 15 Mitglieder geschrumpft
war, beschloss er, sich dem Sängerhort anzuschließen. Am 20. September 1967
erfolgte sie offizielle Aufnahme, und gleichzeitig konnte der Sängerhort
seine offene Chorleiterfrage lösen, er übernahm auch den Chorleiter des
Schlesischen Chorkreises, Stud. Ref. Gerd Nikol.
Bei der Generalversammlung 1969 kandidierte Horst Schürzinger nicht mehr.
Wieder einmal stand der Sängerhort vor einer Wende. Pagany hatte einmal die
Rolle des Vorsitzenden und des Chorleiterseines Vereins klassisch umschrieben:
"Der Chorleiter bestimmt als Kapitän den Kurs, der Vorsitzende steuert als
Steuermann das Schiff nach bestem Wissen."
Diesem Grundsatz getreu griff der Sängerhort wieder auf einen schon bewährten
Steuermann Georg Schranner als 1. Vorsitzenden zurück und stellte ihm den bisherigen
Obmann des Schlesischen Chorkreises, Karl Adam zur Seite. Dass der Kapitän Nikol
aus beruflichen Gründen bald die Kommandobrücke verlassen musste, wusste man.
Als 1970 Sepp Radlmaier kam, geriet das Schifflein des Sängerhorts wieder in
ruhiges Fahrwasser, denn 10 Jahre lang blieb Schranner und 12 Jahre lang Radlmaier
in seinem Amt.
1975 rückte eine Frau bis auf den Posten eines 2. Vorsitzenden vor. Die vielseitige
Edith Baum bekleidete nicht nur bis 1982 dieses Amt, sondern wirkte auch verdienstvoll
als Vertreterin des Chormeisters.
Einen Höhepunkt seines Vereinslebens bedeutet für den Sängerhort die Feier seines
90jährigen Bestehens, am 4. November 1978, im Asamsaal. Im ersten Teil eher klassisch
gestaltet, glänzten im zweiten Teil die Sängervereinigung Wolkensteiner aus
Innsbruck und der Freisinger Viergesang neben dem Jubelverein, mit alpenländischen
Weisen. Damit war dokumentiert, dass nun - neben dem klassischen Chorgesang und
dem Volkslied der Romantik - auch der Mundartgesang im Sängerhort festen Fuß
gefasst hatten.
Bei der Generalversammlung am 13. März 1979 erklärte Georg Schranner seinen
Rücktritt, er wollte nun Jüngeren den Vortritt lassen. In Hans Rosinger sahen
die Mitglieder den geeigneten Nachfolger. Sie ernannten den hochverdienten Georg
Schranner zum Ehrenvorsitzenden.
Im gleichen Jahr begann der Sängerhort in der Wieskirche ein vorweihnachtliches
Singen als feste Veranstaltung im Jahresprogramm einzuführen. Als Mitwirkende
waren außer dem Viergesang noch die Familie Meindl, die wie der Viergesang zu
den Freunden des Sängerhorts zählen. Nachdem der Chorleiter Radlmaier als
Musikschulleiter nach Mainburg kam, bahnte sich wieder ein Chorleiterwechsel an.
Im September 1982 übernahm der Realschullehrer Ewald Reder, als Konzertpianist
im In- und Ausland bekannt, die Leitung. Er vertrat eine moderne Auffassung vom
Chorgesang, die beim Sängerhort bisher nicht im Programm war. Das Adventssingen,
sowie das Passionssingen 1983 mußte in die Pallotinerkirche verlegt werden.
Der 1982 gewählte 1. Vorsitzende, Günther Kittl, konnte sich im Juli 1983
nach einem neuen Chorleiter umsehen. Er hat mit Franz Burger eine glückliche
Wahl getroffen, wie sich in den Jahren bis zum 100jährigen Gründungsfest
herausstellte,
Nach seinem erfolgreichen Adventssingen 1983 in der Wieskirche veranstaltete
der Sängerhort am 1. April 1984 ein geistliches Konzert im Freisinger Dom, unter
Mitwirkung des Freisinger Bläserquartetts. Die Darbietung bei der größtenteils
anspruchsvolle Sätze alter Meister erklangen, brachte dem Sängerhort einmütig
lobende Kritiken ein. So schrieb die örtliche Presse wörtlich von einer "hervorragenden
Leistung" und sprach davon, dass der Chor "zu seinem früheren Niveau zurückgefunden"
hätte.
Am 26. Mai 1984 begann der Sängerhort eine bis heute fortbestehende Tradition:
Das alljährliche Konzert im Diözesanmuseum, jeweils zusammen mit Freisinger
Musikgruppen, von denen bisher sie Familie Meindl, die Freisinger Tanzlmusi,
das Freisinger Singradl und die Pianisten Ewald Reder und Ingo Scheller
vertreten waren. Aber auch für einen weiteren Zykluswurde noch im selben
Jahr der Grundstock gelegt. Im Oktober 1984 traf sich der Sängerhort zusammen
mit dem Männergesangverein "Frohsinn" aus Freising und Musik- und Gesangsgruppen
aus Stadt und Landkreis zum "Bayerischen Singen und Musizieren", einer seitdem
jährlich wiederkehrenden Veranstaltung. In seinem Jahresbericht für 1984 konnte
der Sängerhort dann stolz auf zwölf öffentliche Auftritte hinweisen. Seit 1985
wird der jährliche Gottesdienst für die verstorbenen Mitglieder sowie eine
Maiandacht im Freisinger Mariendom abgehalten. So ist die Chorarbeit des Sängerhorts
heute neben einer Reihe von Auftritten auf fünf Säulen fester Veranstaltungen
begründet.
Wie schon oft in der Geschichte des Vereins, war der Sängerhort auch unter
seinem Vorsitzenden Günther Kittl und seinem neuen Chorleiter Franz Burger
verstärkt um Kontakte zu anderen Chören bemüht. Zum 60jährigen Jubiläum des
Männergesangverein München - Hartmannshofen am 7. April 1984, wirkte der
Sängerhort bei deren Jubiläumsveranstlatung mit. Aber auch andere Kontakte und
musikalische Auftritte waren zu verbuchen. Unter anderem mit dem Männerchor
Mayrhofen (Zillertal), dem gemischten Chor der Partnerstadt Waidhofen/Ybbs,
dem Jugendchor und der Liedertafel Fieberbrunn, der Chorgemeinschaft St. Wilhelm
Oberschleißheim und dem Kirchenchor Langenbach. Auch bei den gemeinsamen
Veranstaltungen des Isar-Ilm-Sängerkreises und des Bayerischen Sängerbundes
(Ingolstädter Chortage) hatte man mitgewirkt.
Im Sommer 1987 gelangte der Sängerhort zu besonderen Ehren. Der Bayerische Musikrat,
1977 als gemeinsame Interessenvertretung aller Musikverbände (Profi wie Laien) ins
Leben gerufen, feierte sein 10jähriges Bestehen. Zu einer offiziellen Festlichkeit
mit prominenten Vertretern aus Politik, Musik und Kirche wurde der Sängerhort als
Vertreter der Laienchöre eingeladen. Im Münchner Künstlerhaus trug er zusammen
mit dem Bundesbahn-Symphonieorchester den Walzer "An der schönen blauen Donau"
und die Pizzicato-Polka von Johann Strauß vor.
Höhepunkt der musikalischen Kontakte war aber sicher eine Konzertreise, die
den Sängerhort auf Einladung des Verbandes der Donaudeutschen in den Pfingsttagen
1985 nach Ungarn führte. Fünf öffentliche Auftritte, darunter ein vom ungarischen
Rundfunk übertragenes Gala-Konzert mit fast 2000 Zuhörern, kennzeichneten diese
internationale Begegnung. Die Herzlichkeit der Aufnahme, das Interesse einer
breiten Publikumsschar und die Reiseeindrücke des Gastgeberlandes sind den
Sängerinnen und Sängern noch heute in lebhafter und angenehmer Erinnerung.
Festausschuss 100 Jahre Sängerhort Freising
Polsterer, Burger, Felber, Rosinger, Kittl
Es bedarf keiner Frage, dass das 100jährige Gründungsfest die Besonderheit
in der Reihe der Jubiläen des Sängerhorts darstellt. 1987 wurde ein Festausschuss
ins Leben gerufen (F. Polsterer, F. Burger, H. Felber, H. Rosinger, G. Kittl),
der sich nach mehreren Beratungen auf ein Jubiläumsprogramm
größeren Umfangs einigte. Entscheidende Bedeutung gewann der Wunsch, alle
befreundeten Chöre zu einem gemeinsamen Konzert einzuladen.
Mit dem Hauptwerk beim Festabend hat der Sängerhort mit dem gewählten
Oratorium (oder Ode über die Musik) "Das Alexanderfest" von Georg Friedrich
Händel wiederum Neuland betreten und kann seine Vielseitigkeit unter Beweis
stellen.
Plattencover zum 100jährigen Jubiläum 1988
Dass man zum Hundertjährigen erstmals eine Schallplatte/ Musikcassette
produzierte, mag nicht nur ein Jubiläumsgeschenk sein, sondern darüber hinaus
richtungsweisend für die Zukunft wirken.
Übergabe der Zelter-Plakette des Bundespräsidenten
Am 13. März 1988 hat der Sängerhort Freising als Auszeichnung für langjähriges
Wirken um die Pflege der Chormusik die Zelter-Plakette durch den Bundespräsidenten
Richard von Weizsäcker verleihen bekommen.
Urkunde zur Zelter-Plakette des Bundespräsidenten
Beim Rückblick der letzten 100 Jahre möchten wir die Familie Schlüter nicht
vergessen, die dem Sängerhort fast 70 Jahre nicht nur ein Förderer aus finanzieller
Sicht war und bis heute ist. So entnehmen wir dem Protokoll vom 22. Juli 1919,
dass der Kommerzienrat Anton Schlüter als passives Mitglied dem Verein beitrat.
Der Sängerhort wollte sich dem Aufnahmebeitrag entsprechend erkenntlich zeigen
und bot die Ehrenmitgliedschaft an. Dies geschah am Sonntag, den 10. August 1919
als Herrn Kommerzienrat Schlüter das Ehrendiplom in seiner Wohnung übergeben wurde.
Für die großzügige Unterstützung beschloss die Vorstandschaft zum Namenstag von
Herrn Schlüter ein musikalisches Ständchen zu bringen. Am 11. Juni 1920 fuhren
die Sänger in die Wohnung, "die außerhalb der Stadt lag". 32 Kehlen brachten das
Lied "Frühling am Rhein" dar. Herr Schlüter dankte den Sängern für ihren
Glückwunsch und bedauerte, dass er aus Platzmangel die Sänger nicht einladen konnte,
da das neue Haus noch nicht fertig war. Als Anerkennung gab der Gönner, außer
einem Geldbetrag einige prima Zigarren mit und spendierte ein Essen im Vereinslokal,
das sich nach dem Protokoll, verkürzt wie folgt liest:
Herrenabend am 14. Juni 1920 im Gasthof "Zum Duschl" (Laubenbräu). Im Nebenzimmer
wurde das Essen eingenommen. Nach Vertilgung des von Herrn Kommerzienrat gestifteten
Schmaußes ... wurde nach dem Dank auch noch gesungen.
Dass die Unterstützung nicht nur in Form von Beiträgen in die Vereinskasse war
beweisen die vielen Aufzeichnungen der Protokolle. So wurden zusätzlich für die
Kriegsgefangenenhilfe 1919,1920 für die Erneuerung des Kirchengeläutes von St. Georg
und der Stadt zur Errichtung eines Kriegerdenkmals, 1922 für Instrumente zur
Gründung eines Orchesters, für die Beheizung des Probenraumes oder 1930 zur
Anschaffung eines Klavieres gegeben. Kommerzienrat Schlüter gab aber auch
"Sachspenden". So am 10. Oktober 1922, als er zur Sängerfahrt nach Dachau
drei geschmückte LKW kostenlos zur Verfügung stellte. Oder am 22. Dezember
1923 als er für die Mitglieder 12 Hasen und die Angehörigen 15 Ztr. Mehl
spendierte. Herr Kommerzienrat Schlüter verstarb 1949. Als besonderer Wohltäter
des Sängerhortes wurde der Verstorbene bei der Feierstunde zum 65. Gründungsfest
1953 genannt.
Durch den Tod von Herrn Kommerzienrat Schlüter riss die Verbindung des
Hauses mit dem Sängerhort nicht ab. Im Oktober 1953 folgte Herr Anton Schlüter,
der leider nur kurze Zeit dem Verein angehörte. Er verstarb im Dezember 1957
und der Sängerhort dankte am Grab mit dem Lied "Über den Sternen".
in der dritten Generation der Zugehörigkeit der Familie Schlüter als Mitglied
zum Sängerhort Freising kam 1960 Herr Dipl. Ing. Dr. Anton Schlüter. Der
Ausschuss beschloss in seiner Sitzung vom 15. Juni 1960 Herrn Schlüter die
Ehrenmitgliedschaft anzubieten. Dies geschah nach kurzer Zeit und so wurde
die Tradition im Hause Schlüter mit dem Sängerhort fortgesetzt. Der Sängerhort
bedankte sich untern anderem zum 70. Geburtstag seines Ehrenmitgliedes mit
einem "Ständchen" das einen "ganzen Abend " dauerte. Die Mitwirkenden konnten
hier die offene und herzliche Aufnahme von Herrn und Frau Schlüter kennenlernen.
Wir möchten die Verbundenheit mit dem Hause Schlüter mit einem Auszug aus dem
Protokoll von der Weihnachtsfeier vom28. Dezember 1923 schließen: "man fand
nicht genug Worte des Dankes".
Beenden möchten wir diese Chronik mit dem Dank an alle aktiven und
passiven Mitglieder, den Gönnern und Freunden für ihre Mithilfe und Bereitschaft
zum Wohle des Sängerhort Freising.
Hier endet die von Hans Gruber anlässlich des 100jährigen Jubiläums geschriebene
Chronik des Sängerhortes.
Die Weiterführung der Chronik geschieht unter dankenswerter Mitarbeit von Gabi Fischer.
Die Aufführung großer Chorwerke wie "Das Alexanderfest" (1988), "Orpheus und Eurydike"
(1994), "Dido und Aeneas" (1999) oder "Die Jahreszeiten" (1998) waren nur möglich durch eine
intensive Chorarbeit und ein großes Engagement der Mitglieder. So wurde unter dem Chorleiter Franz
Burger die Abhaltung mehrerer Probentage und -wochenenden, sowie die jährliche
Teilnahme an den Stimmbildungsseminaren des Bayrischen Sängerbundes eingeführt.
Stadtfest 1000 Jahre Freising am 06. Oktober 1996
Unvergessen bleiben mehrere große Chorreisen nach Paris, Dresden und Ungarn.
Daneben pflegte der Verein Kontakte zu verschiedenen Freisinger Partnerstädten,
wie Waidhofen (1993) und Obervellach (2005).
Der Sängerhort war stets bemüht, das kulturelle Leben der Stadt Freising mit zu
prägen. Bei zahllosen Festen, Gottesdiensten, Familienfeiern und Jubiläen war
der Chor vertreten: die Kulturtage und das Korbiniansfest standen ebenso auf dem Programm
wie der legendäre Festzug zum 1000jährigen Marktrecht der Stadt.
Cantare in Montagna, Wolfsberg Sept. 2009
Im Sommer 2005 wurde der Verein eingeladen, beim Jubiläum des Männergesang- vereins und des
Gemischtem Chors in der Partnerstadt Obervellach/Kärnten teil zu nehmen.
Bei den umfangreichen Feierlichkeiten mit Konzert, Gottesdienst und "Kranzlsingen"
wurde viel gesungen und es wurden neue Kontakte geknüpft. Auch konnte dort die wertvolle
Vereinsfahne wieder einmal angemessen präsentiert werden.
Ebenso interessant war die Teilnahme am Chorfestival "Cantare in Montagna" in
Wolfsberg/Kärnten im Jahr 2009. über 1000 Teilnehmer in 23 Chören aus ganz Europa wurden
im Schloss empfangen und hatten an zwei Tagen zahlreiche Auftritte und reichlich
Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch.
"Alexanderfest", 120 Jahre Sängerhort Freising
Ein Höhepunkt der letzten Jahre war das 120jährige Vereinsjubiläum mit der erneuten Aufführung
des "Alexanderfest" von G.F. Händel. Zusammen mit der Liedertafel Erding und dem Orchester des
Domgymnasiums wurde das Werk unter der Leitung von H.G. Schwarz erarbeitet und sehr erfolgreich aufgeführt.
Die letzten Jahre waren geprägt von Umbruch und Veränderungen sowie häufig wechselnden
Chorleitern. Traditionen, die seit Jahrzehnten selbstverständlich zum Vereinsleben gehörten,
sind heute bei den jüngeren Mitgliedern nicht mehr gefragt. Umgekehrt kommen ältere Mitglieder
oft mit Modernisierungen nicht zurecht. Angefangen beim Repertoire, fremdsprachigen und
modern gesetzten Stücken, beim Gebrauch von Medien, bei der Gestaltung von Freizeitaktivitäten,
bis hin zur Art des Bühnenauftritts und dem Einsatz eines professionellen Coachs, hat ein
deutlicher Wandel stattgefunden.
Hat der Sängerhort als reiner Männerchor mit penibel geführten Protokollen, vorwiegend
romantischem und deutsch-nationalem Repertoire und einem Schwerpunkt auf geselligen
Zusammenkünften begonnen, so steht heute eine muntere, vorwiegend weibliche Gruppe auf
der Bühne, die moderne Chorliteratur und eine Konzentration auf die musikalische Arbeit
bevorzugt und sich auch nicht scheut, Choreographien einzusetzen.
Zwischen diesen beiden Extremen gab es in 125 Jahren selbstverständlich alle denkbaren
Abstufungen - sowohl in Bezug auf die Arbeitsschwerpunkte als auch auf die musikalische
Leistungsfähigkeit des Chores.
Herta Felber wird Ehrenmitglied des Sängerhort Freising e.V.
Dezember 2012
Eine große Bedeutung im Leben jeden Vereins kommt dem unermüdlichen Einsatz der
ehrenamtlichen Vorstände und Helfer zu. So hat in den Jahren 1982 - 1990 Günther Kittl
den Verein geleitet und mit großem Aufwand und ohne finanzielle Verluste das 100jährige
Jubiläum organisiert.
Seine Nachfolgerin Herta Felber, seit 1955 Mitglied des Sängerhort, war 30 Jahre im Vorstand
tätig, davon 19 Jahre als 1. Vorsitzende. Sie wurde dafür mehrfach vom Verein, vom Bayerischen
Sängerbund und vom Kulturamt der Stadt Freising ausgezeichnet. Am 09.12.2012 wurde ihr die
Ehrenmitgliedschaft des Sängerhort Freising verliehen.
Seit 2011 leitet Marina Fontain den Verein, wobei ihr die schwierige Aufgabe des
Generationenwechsels zufällt. Bleibt zu hoffen, dass der vollzogene Wandel das
immerwährende Ringen um junge Nachwuchssängerinnen und -sänger erleichtert und
dem Traditionsverein eine Chance für eine erfolgreiche Zukunft verschafft.
Tausend 8-tel Singspektakel: Kriminaltango, 125 Jahre Sängerhort
Der Sängerhort Freising feierte im Juli 2013 sein 125-jähriges Bestehen und eröffnete
mit "Tausend 8-tel Singspektakel" die Kulturtage 2013 der Stadt Freising.
Unter der Leitung von Karin Wanzel wurde das Publikum im ausverkauften Asam-Theater
eingeladen auf eine heitere musikalische Zeitreise durch das letzte Jahrhundert mit Hits und
Evergreens u.a. von den Comedian Harmonists, den Beatles, Andrew Lloyd Webber,
ABBA, Opus, der Spider Murphy Gang bis hin zu Rammstein.
Durch das Programm führten Darsteller der Laienbühne Freising.
Maria Martin vom Freisinger Tagblatt:
"Schöner hätten die 14. Freisinger Kulturtage nicht eröffnet werden können. Mit dem
'Tausend 8-tel Singspektakel' ging's am Freitag auf musikalische Zeitreise ... das witzige Jubiläumsprogramm, das, mit bayrisch-spritzigen Arrangements verfeinert,
für viele Lacher sorgte ... Die Mischung aus Chormusik und Rollenspiel begeisterte auch Adi Gumberger.
'Das ist überwältigend gut', sagte der Kulturamtsleiter. Man sehe, was in Freising alles auf die Beine
gestellt werden könne. Und: Das 'Miteinander' sei Teil des Lebensgefühls in der Stadt".
Fotos der Aufführung
Hörbeispiele der Aufführung